Mallorca – Proteste gegen den Massentourismus

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Da denkt sich so mancher: „Was fällt denn denen ein? Jahrelang profitieren sie von den Touristen und jetzt möchten sie sie loswerden?“

Betrachtet man den Beginn des Tourismus auf Mallorca in den 60er und 70er Jahren, ist unbestritten, dass mit den Touristen eine boomende Wirtschaft und damit ein wachsender Reichtum auf der Insel Einzug hielten. Zahlreiche Arbeitsplätze wurden geschaffen, aus ganz Spanien zogen Menschen nach Mallorca auf der Suche nach Jobs. Der Lebensstandard der dort lebenden Menschen stieg rasant. Im Laufe der Jahre gingen parallel dazu jedoch das produzierende Gewerbe und die Landwirtschaft immer weiter zurück. Die Abhängigkeit vom Tourismus stieg und ist für Mallorca auch heute noch, wie natürlich auch für viele andere Regionen und Länder, überlebenswichtig.

Die negativen Begleiterscheinungen des stetig und unkontrolliert zunehmenden Besucherstroms ließen nicht lange auf sich warten und nahmen in den letzten Jahren weiter zu, auch dank der Billigflieger. Die Landschaft der wunderschönen Insel veränderte sich massiv. Riesige Hotelanlagen entstanden, die übrige Infrastruktur musste ebenfalls angepasst werden. Der Bedarf an Lebensmitteln, Energie und Wasser stieg, die Wassersituation ist in vielen Gebieten immer wieder kritisch. Umweltbelastungen wie Luftverschmutzung, Abwässer, Verkehrsbelastung und Lärm steigen. Und mit all diesen Problemen steigt auch der Stress für die lokale Bevölkerung.

Die auf Mallorca lebenden Menschen haben zunehmend damit zu kämpfen, keinen bezahlbaren Wohnraum mehr zu finden. Land- und Hausbesitzer ziehen es vor, diesen an gut zahlende Touristen zu vermieten oder an reiche Ausländer zu verkaufen. Und so bleibt den Mallorquinern inzwischen oft nur noch das Auto oder der Wohnwagen als Lebensraum und Übernachtungsmöglichkeit, parkend am Straßenrand, wo der Urlauber eher nicht hinschaut. Und dies auch, weil die Bevölkerung nicht korrekt entlohnt wird. Die hohen Einnahmen aus dem Geschäft mit den Urlaubern versumpfen in internationalen Hotelketten oder im Portemonnaie reicher Investoren. Und fließen nicht in die Kassen der Insel und ihrer Bewohner, um dort für eine Steigerung des regionalen Einkommens und damit des sozialen Status zu sorgen.

Es ist die Rede von einem Ausverkauf Mallorcas, von fehlender Lebensqualität und vom sozialen und ökologischen Kollaps. Und so sind die Forderungen der Bevölkerung nachvollziehbar. Man bittet und kämpft darum, den Besucherstrom zu regulieren und die Überlastung der Umwelt und der Bewohner zu beenden. Und so respektvoll dafür zu sorgen, dass die Anwohner zu einer lebenswerten Umgebung zurückfinden können. Ganz langsam dringen diese Sorgen auch zu den Tourismusunternehmen und -verbänden vor. Denn nicht nur die Bedürfnisse der Urlauber sollten beachtet werden, sondern auch die der lokalen Bevölkerung, um ein harmonisches Miteinander zu ermöglichen.

Auch andere Regionen leiden unter den zunehmenden Touristenströmen. So erhebt Venedig für Tagestouristen eine Tourismussteuer und versagt Kreuzfahrtschiffen die Zufahrt zum historischen Teil der Stadt. In Amsterdam oder Barcelona kommt es, auch durch zahlreiche Buchungsplattformen, zum Overtourism, einer nochmaligen Steigerung des Massentourismus. Auch Länder wie Island oder Häfen wie Dubrovnik oder Santorini leiden unter diesem Phänomen. Und so sind die Demonstrationen auf Mallorca, und übrigens auch auf den Kanarischen Inseln, nur ein Bild für ein weltweit bestehendes Problem.

Es ist höchste Zeit umzudenken, nachhaltiger Tourismus ist im Interesse aller: verantwortungsvoll reisen, Umwelt, Kultur und Mensch respektieren und so die negativen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Tourismus minimieren.

„Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.“ (Francis Picabia)

 

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